Es ist kein Geheimnis, dass die italienische Architektur in Eritrea stark von der italienischen Kolonialpolitik am Horn von Afrika geprägt war. Die Eroberung Eritreas, die offiziell durch den Vertrag von Addis Abeba im Jahr 1896 besiegelt wurde, zeugt von einem italienischen Kolonialismus, der den späteren, berüchtigten Aggressionen der faschistischen Ära vorausging. Von dieser ersten Phase der italienischen kolonialistischen Expansion erzählen die ersten Gebäude im neoromanischen Stil wie das Asmara-Theater des Ligurers Odoardo Cavagnari (1920), dessen Decke von Francesco Saverio Fresa mit Tänzerinnen im Jugendstil verziert ist, außerdem die katholische Kirche der Heiligen Jungfrau vom Rosenkranz des Mailänders Oreste Scanavini (1923).
In die Zeit des faschistischen Kolonialismus fällt dagegen die modernistische Entwicklung Asmaras in den 1930er Jahren eine Entwicklung, die der Stadt 2017 die Aufnahme in die Liste der UNESCO-Welterbestätten als „modernistische afrikanische Stadt“ eingebracht hat. In der modernen Architektur haben sich in der Tat interessante Spielarten entfaltet, und das sowohl im sakralen als auch im zivilen Bauwesen. In der ersten Gruppe finden sich Beispiele rationalistischer Architektur mit arabisch-maurischer Prägung wie die Große Moschee von Guido Ferrazza und Giuseppe Arata (1938) oder solche Bauwerke, bei denen der Rationalismus die lokale Architekturtradition des ehemaligen Königreichs Axum aufgreift, wie bei der orthodoxen Kathedrale Nda Mariam, die von Ernesto Gallo (1938) ausgeführt wurde. Zur zweiten Gruppe zählen Mario Messinas Cinema Impero (1937) mit seinem dezidierten Art-Déco-Charakter und das ehrgeizige Projekt der futuristischen Tankstelle Fiat Tagliero (1938). Die 16 Meter langen „Flügel“ aus Beton lieferten den Stoff für eine Groteske: Als sich die Bauherren weigerten, die Pfeiler, die diese riskanten und als instabil geltenden Erweiterungen stützten, zu entfernen, drohte der Bauingenieur Giuseppe Pettazzi dem Bauleiter mit einer Pistole. Er ließ die Pfeiler entfernen, um die Korrektheit seiner Berechnungen zu beweisen.